Wenn die Natur im Frühling explodiert

Die ersten Frühblüher spitzen bereits aus dem Boden - Vorstellung der häufigsten Arten

Eintrag Nr. 31/2020
Datum:


Buschwindröschen (Foto: Annette Nigl / Nationalpark Bayerischer Wald)
Buschwindröschen (Foto: Annette Nigl / Nationalpark Bayerischer Wald)

Sumpfdotterblume (Foto: Teresa Schreib / Nationalpark Bayerischer Wald)
Sumpfdotterblume (Foto: Teresa Schreib / Nationalpark Bayerischer Wald)

Weiße Pestwurz (Foto: Elke Ohland / Nationalpark Bayerischer Wald)
Weiße Pestwurz (Foto: Elke Ohland / Nationalpark Bayerischer Wald)

Zweiblättrige Schattenblume (Foto: Rainer Simonis / Nationalpark Bayerischer Wald)
Zweiblättrige Schattenblume (Foto: Rainer Simonis / Nationalpark Bayerischer Wald)

Wechselblättriges Milzkraut (Foto: Christoph Heibl / Nationalpark Bayerischer Wald)
Wechselblättriges Milzkraut (Foto: Christoph Heibl / Nationalpark Bayerischer Wald)

Echtes Lungenkraut (Foto: Christoph Heibl / Nationalpark Bayerischer Wald)
Echtes Lungenkraut (Foto: Christoph Heibl / Nationalpark Bayerischer Wald)

Grafenau. Sie haben den ganzen Winter über gewartet. Wenn nun im Frühjahr die richtige Länge des Tages und die richtige Temperatur zusammentreffen, geht alles sehr schnell. Die ersten Pflanzen kommen aus dem Boden – weil sie so früh dran sind, nennt man sie Frühblüher.

"Wenn man jetzt in der Natur genau hinsieht, erkennt man dabei ganz bestimmte Muster", erklärt Dr. Christoph Heibl, Botaniker im Nationalpark Bayerischer Wald. Wann die einzelnen Pflanzenarten blühen, ist von der aktuellen Witterung abhängig, also davon, wie warm oder kalt es ist. Das kann sich natürlich von Jahr zu Jahr im Kalender verschieben: Mal ist es im März schon sehr warm, manchmal - wie zum Beispiel dieses Jahr - ist es um die gleiche Zeit noch ziemlich kalt. Trotzdem ist die Reihenfolge, in der die verschiedenen Pflanzenarten aufblühen, fast immer gleich: Zuerst blühen Haselsträucher und Märzenbecher. Diese Phase nennt man den Vorfrühling. Die nächste Phase ist der Erstfrühling. Der Erstfrühling beginnt mit der Blüte von Spitz-Ahorn und Buschwindröschen und endet wenn Vogel-Kirsche und Goldhahnenfuß blühen. Die Blüte von Rotbuche und Goldnessel leiten den Vollfrühling ein. Der Vollfrühling endet dann mit dem Blühen von Vogelbeere und Waldmeister - dann beginnt bald der Sommer.

Warum diese Hektik im Frühlingswald?

Im Frühling geht alles sehr schnell. „Die Phasen dauern oft nur wenige Tage und der frühlingshafte Wald wechselt beständig sein Erscheinungsbild“, erklärt Botanikerin Cornelia Straubinger. „Wir haben das Gefühl, dass die Natur regelrecht explodiert.“

Warum aber diese Hektik im Frühlingswald? Der Grund ist das Austreiben der Blätter an den Bäumen. Denn je größer und dunkler die Blätter in den Baumkronen im Laufe des Frühlings und Frühsommers werden, desto dunkler wird es am Waldboden.

Vor allem die Pflanzen, die am Waldboden, in der so genannten Krautschicht wachsen, nutzen deshalb die kurze Zeit vor dem Austreiben der Blätter für ihre Fortpflanzung. Die Energie, die sie dazu brauchen, haben sie schon im Vorjahr gespeichert und zwar in ihren Zwiebeln, Knollen und Wurzeln. Sogar die Blütenknospen sind bereits vorhanden. So können sich die Pflanzen darauf konzentrieren, Blüten und Samen zu bilden. Gleichzeitig füllen sie ihre Reserven für das kommende Jahr auf – und ehe man sich versieht, sind Leberblümchen, Schlüsselblume, Lungenkraut, Bär-Lauch und Waldmeister auch schon wieder im Boden verschwunden.

Reiselustige Pollenkörner der Bäume

Doch nicht nur die Pflanzen des Waldbodens haben es im Frühling eilig mit dem Blühen: Vor allem Sträucher wie zum Beispiel der Hasel nutzen jetzt die Möglichkeit, ihren Pollen in die Lüfte zu entlassen. Denn jetzt trifft der Pollen noch auf wenige Hindernisse. Wenn die größeren Laubbäume ihre Blätter später voll entwickelt haben, hindert dann das dichte Kronendach viele Pollenkörner an ihrer Reise durch die Lüfte.

Hier sind einige der häufigsten Frühblüher, die im Nationalpark vorkommen:

Buschwindröschen

Das Busch-Windröschen mit den weißen Blüten wächst auf dem Waldboden, in Hecken und auf Wiesen. Es blüht im Frühjahr noch vor dem Laubaustrieb. Im Bayerischen Wald kommt diese Pflanzenart häufig vor und gerade jetzt könnt Ihr das Busch-Windröschen selber draußen entdecken. Aber bitte aufpassen, denn obwohl sie so schön aussieht, ist diese Pflanze giftig.

Sumpfdotterblume

Die Sumpfdotterblume ist eine im Vorfrühling blühende Pflanze. Sie hat auffällige gelbe Blüten. Ihre Blätter sind glänzend, breit und herzförmig und haben eine dunkelgrüne Farbe. Die Pflanze wächst immer in der Nähe des Wassers: Auf feuchten Wiesen, in Quellgebieten und entlang von Bächen und Flüssen. Auch die Sumpfdotterblume ist giftig.

Weiße Pestwurz

Die Weiße Pestwurz hat einen dicken Wurzelstock, aus dem im Frühjahr ein Stängel mit weißen bis gelblichen Blüten wächst. Dieser Stängel wächst auch nach dem Blühen noch weiter. So bekommt der Samen, der sich mit dem Wind verbreitet, eine gute Startposition. Zur gleichen Zeit wachsen die Laubblätter dieser Pflanze, die man sogar noch im Herbst sehen kann. Die Weiße Pestwurz findet Ihr in der Nähe von Wasser, nämlich im Wald in Quellgebieten, entlang von Bächen und in nassen Senken.

Zweiblättrige Schattenblume

Die Zweiblättrige Schattenblume ist eine Pflanze, die in der Krautschicht am Waldboden sehr häufig vorkommt. Während der Blütezeit im Juni erkennt Ihr sie an zwei auffälligen Blättern. Die Blätter sind eiförmig und haben an ihrer Basis die Form eines Herzens. Schattenblumen, die nicht blühen, tragen nur ein Blatt. Die winzigen Blüten duften sehr intensiv. Ihre Früchte sind auffällige rote Beeren. Diesen Frühblüher findet Ihr vor allem in schattigen Wäldern.

Wechselblättriges Milzkraut

Das Wechselblättrige Milzkraut hat eine so genannte Scheinblüte: die eigentlichen Blüten bilden zusammen mit ähnlich gefärbten Blättern eine Struktur, die wie eine Blüte aussieht. Damit lockt die Pflanze Bestäuber an. Diese Scheinblüte hat eine gelbgrüne Farbe und ihr Nektar ist für Insekten leicht zu erreichen. Das ist typisch für Blumen, die hauptsächlich von Fliegen und Mücken bestäubt werden. Seine Samen verbreitet das Wechselblättrige Milzkraut mit Hilfe von Wasser: die Samen liegen in kleinen Becherchen und werden dann von Regentropfen herausgeschleudert. Außerdem ist die Pflanze ein Überschwemmungszeiger. Sie wächst an Orten, die manchmal nass sind, weil sie zum Beispiel während der Schneeschmelze überschwemmt werden.

Echtes Lungenkraut

Die steife Behaarung kennzeichnet das Echte Lungenkraut als Borretschgewächs. Sie ist auf nährstoffreichere Waldtypen beschränkt und eine Halbschattenpflanze. Typisch für viele Borretschgewächse sind die Blüten, die sich von rot über lila nach blau verfärben und damit die Bestäuber auf die Blüten locken. Seit dem Mittelalter wurden Lungenkräuter in der Heilkunde besonders bei Beschwerden der Atemwege angewendet, eine Wirksamkeit konnte in modernen Studien nicht nachgewiesen werden, allerdings auch keine Gefahr bei Anwendung.

 

Video: Mehr Infos zu den Frühblühern gibt es auch in einem Video mit Botaniker Dr. Christoph Heibl, das man über den YouTube-Kanal des Nationalparks abrufen kann.

 

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